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Dienstbarkeit löschen: Wann und wie lässt sich eine Dienstbarkeit aufheben?

Ein überflüssiges Wegrecht oder Wohnrecht im Grundbuch kann Ihre Baupläne blockieren und den Wert Ihrer Immobilie mindern. Erfahren Sie, wie Sie eine solche Dienstbarkeit löschen lassen können – von der Einigung mit dem Berechtigten bis zur notfalls richterlichen Ablösung –, unter welchen Voraussetzungen das möglich ist und wann sich die Beratung durch einen Anwalt für Immobilienrecht empfiehlt. So können Sie Ihr Grundstück wieder uneingeschränkt nutzen und rechtliche Stolpersteine aus dem Weg räumen.

Wann kann man eine Dienstbarkeit löschen?

Dienstbarkeiten (Servitute) sind im Grundbuch eingetragene Rechte, die den Eigentümer eines belasteten Grundstücks zu einem Dulden oder Unterlassen verpflichten – etwa ein Wegrecht, ein Bauverbot, Wohnrecht oder Nutzniessung. Solche Einträge gelten grundsätzlich zeitlich unbegrenzt weiter, bis sie aktiv gelöscht werden. Selbst jahrzehntelange Nichtbenutzung führt nicht automatisch zum Erlöschen; eine Dienstbarkeit kann weder verjähren noch durch Nichtgebrauch untergehen. Um eine Dienstbarkeit zu löschen, muss daher ein gesetzlicher Beendigungstatbestand vorliegen oder die Beteiligten müssen aktiv deren Aufhebung betreiben. Im Folgenden die wichtigsten Gründe und Voraussetzungen, unter denen eine Dienstbarkeit gelöscht werden kann:

Einvernehmlicher Verzicht: Am einfachsten ist es, wenn der Begünstigte (Dienstbarkeitsberechtigte) freiwillig auf sein Recht verzichtet. Man kann sich mit dem belasteten Eigentümer einigen, die Servitut entgeltlich oder unentgeltlich aufzuheben (Verzichtsvereinbarung). Die berechtigte Partei erklärt dabei schriftlich ihren Verzicht, was die Grundlage für die Löschung im Grundbuch bildet. Der belastete Eigentümer muss nur zustimmen, wenn eine Gegenleistung vereinbart wird. Wichtig: Der Verzicht des Berechtigten kann einseitig erfolgen – d.h. er kann auch ohne Mitwirkung des Belasteten beim Grundbuchamt die Löschung anmelden. In der Praxis wird eine solche Löschungsvereinbarung öffentlich beurkundet (Notar) und ans Grundbuch weitergeleitet.

Befristung oder Bedingung: Einige Dienstbarkeiten sind zeitlich limitiert oder an Bedingungen geknüpft. Ist die vereinbarte Frist abgelaufen oder die auflösende Bedingung eingetreten, muss der Eintrag gelöscht werden. Ein typisches Beispiel ist das Baurecht, das meist für eine bestimmte Dauer (z.B. 99 Jahre) bestellt wird und danach endet. Auch Personaldienstbarkeiten wie Wohnrecht oder Nutzniessung erlöschen spätestens mit dem Tod der berechtigten Person. In solchen Fällen reicht der Nachweis (z.B. Zeitablauf oder Todesschein) gegenüber dem Grundbuchamt, um die Dienstbarkeit löschen zu lassen.

Vereinigung von Grundstücken: Gehören das belastete und das berechtigte Grundstück derselben Person, spricht man von einer Eigentümerdienstbarkeit. Nach dem Schweizer Recht können (müssen aber nicht) solche Einträge im Grundbuch gelöscht werden, da niemand ein Recht gegen sich selbst benötigt. Wenn also jemand beide Liegenschaften kauft, auf denen z.B. ein Wegrecht besteht, kann dieser Eintrag auf Wunsch entfernt werden, weil der Rechtszweck hinfällig ist.

Wegfall des Interesses (bedeutungslos gewordene Dienstbarkeit): Ein qualifizierter Interessenverlust auf Seiten des Begünstigten berechtigt den belasteten Eigentümer, die Löschung gerichtlich zu erzwingen. Das ist der Fall, wenn die Servitut für das berechtigte Grundstück jedes vernünftige Interesse verloren hat – etwa weil ihre Ausübung objektiv unmöglich geworden ist oder der ursprüngliche Zweck vollständig entfallen ist. Beispielsweise entschied das Bundesgericht, dass ein Wegrecht gelöscht werden kann, wenn es seinen Zweck nicht mehr erfüllen kann (hier war der Durchgang wegen einer Lücke im Weg faktisch unterbrochen). Ebenso verliert ein altes Weiderecht sein Interesse, wenn die vormals landwirtschaftliche Parzelle mittlerweile überbaut und in ein Wohngebiet integriert wurde – die Servitut hat für den Begünstigten dann keinerlei Nutzen mehr. In solchen Fällen kann der belastete Eigentümer beim Gericht die Aufhebung der Dienstbarkeit verlangen.

Unverhältnismässig geringes Interesse (Ablösung gegen Entschädigung): Besteht zwar noch ein gewisses Interesse des Berechtigten, steht dieses aber in einem Missverhältnis zur Belastung für den Grundeigentümer, kommt eine Löschung nur gegen Entschädigung in Betracht. Das Gericht prüft hier per Interessenabwägung, ob die Dienstbarkeit ihrem ursprünglichen Zweck nach noch sinnvoll ist oder ob geänderte Umstände das Nutzen-Schaden-Verhältnis verzerrt haben. Ist zum Beispiel das Interesse des Nachbarn an einem Weg noch vorhanden, aber durch neue Erschliessung deutlich geschwunden, könnte die Servitut gegen eine angemessene finanzielle Abfindung für den Nachbarn gelöscht werden. Wichtig: Hat der Eigentümer des belasteten Grundstücks die Mehrbelastung selbst verschuldet (z.B. indem er die Nutzung durch den Begünstigten zusätzlich erschwert hat), ist eine einseitige Ablösung ausgeschlossen.

Praxis-Tipp: Dienstbarkeiten verjähren nicht und bleiben bestehen, bis sie aktiv gelöscht werden. Haben Sie eine alte Servitut im Grundbuch, die Ihnen heute sinnlos oder lästig erscheint, prüfen Sie, ob einer der obigen Gründe für eine Löschung der Dienstbarkeit vorliegt. Lassen Sie sich dazu beraten – oft lohnt sich ein Blick in den ursprünglichen Dienstbarkeitsvertrag, um Zweck und Umfang des Rechts genau zu verstehen.

Verlegung einer Dienstbarkeit als Alternative

Nicht immer ist eine vollständige Löschung durchsetzbar oder gewünscht. In manchen Fällen besteht die Möglichkeit, eine belastende Dienstbarkeit zu verlegen statt sie zu löschen. Das heisst, der Inhalt der Servitut bleibt bestehen, wird aber räumlich oder inhaltlich angepasst, um Konflikte zu entschärfen. Gemäss Art. 742 ZGB kann der belastete Eigentümer auf eigene Kosten die Verlegung z.B. eines Wegrechts verlangen, sofern die neue Ausübung für den Berechtigten gleichwertig ist. Dies kommt häufig in Betracht, wenn ein bestehendes Wegrecht genau an der Stelle ein Bauprojekt verhindert – hier darf der Weg etwa an den Rand des Grundstücks verlegt werden, solange der Nachbar weiterhin ungehinderten Zugang hat. Die Servitut bleibt in diesem Fall bestehen, wird aber anders gestaltet. Eine solche Anpassung erfordert Zustimmung oder zumindest Duldung des Berechtigten und muss grundbuchrechtlich vollzogen werden (Eintrag der geänderten Dienstbarkeit). Die Verlegung ist somit ein Kompromiss, der beiden Seiten gerecht werden kann, wenn eine Aufhebung nicht möglich ist.

Wie löscht man eine Dienstbarkeit? – Verfahren und Ablauf

Die Löschung einer Dienstbarkeit erfolgt formell durch das Grundbuchamt. Ein Eintrag kann nur gelöscht werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und ein Löschungsantrag vorliegt. Im Wesentlichen gibt es zwei Verfahrenswege:

1. Löschung im Grundbuch mit Zustimmung

Ist man sich mit der gegenüberstehenden Partei einig (Verzicht oder Aufhebungsvertrag), wird beim Grundbuchamt die Löschung angemeldet. Üblich ist es, dass der Dienstbarkeitsberechtigte eine Löschungsbewilligung unterschreibt – oft durch einen Notar beurkundet – in der er auf das Recht verzichtet. Diese wird dem Grundbuchamt eingereicht. Das Grundbuch prüft die Unterlagen, allerdings muss kein Grund für die Löschung angegeben werden, wenn der Berechtigte selbst den Verzicht erklärt. Wichtig ist, dass auch Drittberechtigte zustimmen müssen, falls betroffen: Zum Beispiel eine Bank mit Grundpfandrecht am berechtigten Grundstück, die ein Interesse am Fortbestand haben könnte, oder bei Mitberechtigten einer gemeinschaftlichen Anlage. Liegt allenfalls ein öffentlich beurkundeter Dienstbarkeitsvertrag vor, der eine Befristung oder Bedingung enthielt, muss dessen Ablaufen ebenfalls dokumentiert nachgewiesen werden. In der Regel wird die Löschung im Grundbuch zeitnah vollzogen, sobald alle erforderlichen Unterlagen und Unterschriften vorliegen. Die Kosten für diesen Vorgang (Notariatsgebühren und Grundbuchgebühr) sind meist überschaubar – sie liegen je nach Kanton oft im unteren dreistelligen Frankenbereich.

2. Löschung gegen den Willen des Berechtigten (gerichtlich)

Weigert sich der Berechtigte, auf sein Recht zu verzichten, bleibt dem belasteten Eigentümer der Klageweg. Hierbei muss vor dem zuständigen Zivilgericht eine Dienstbarkeitsablösung nach Art. 736 ZGB beantragt werden. Das Gericht prüft anhand der oben genannten Kriterien, ob entweder ein völliger Interessenwegfall vorliegt (dann erfolgt die Löschung ohne Entschädigung) oder ob ein unverhältnismässig geringes Restinteresse besteht (dann kommt eine Ablösung gegen angemessene Entschädigung in Betracht). Zu beachten ist, dass die Hürde für eine zwangsweise Löschung hoch ist: Das Gericht orientiert sich am ursprünglichen Zweck der Dienstbarkeit und daran, ob dieser noch erfüllt werden kann. Solange die Servitut für den Berechtigten einen sinnvollen Nutzen erfüllt (und keine unzumutbare Mehrbelastung für den Nachbarn entsteht), wird eine Klage auf Löschung schwierig zu gewinnen sein. Beispiel: Ein Fusswegrecht kann nicht allein deshalb gelöscht werden, weil es dem Grundeigentümer lästig ist und der Nachbar „könnte ja anders laufen“ – hier besteht weiterhin ein Interesse an der Verbindung. Erfolgsaussichten bestehen eher bei krassem Wandel der Umstände oder offensichtlicher Zwecklosigkeit der Servitut. Liegt ein gerichtliches Urteil für die Löschung vor, ersetzt dieses die Zustimmung des Berechtigten. Mit der Rechtskraft des Urteils kann der Eintrag vom Grundbuchamt entfernt werden. Die Verfahrenskosten (Gerichtsgebühren, Gutachten etc.) trägt grundsätzlich die unterlegene Partei, wobei im Ablösungsfall oft der Belastete die Entschädigung und ggf. einen Teil der Kosten übernehmen muss.

3. Löschung im vereinfachten Verfahren

Seit der Revision des Immobiliarsachenrechts 2012 gibt es ausserdem Möglichkeiten, gegen überholte Einträge vorzugehen, ohne sofort vor Gericht ziehen zu müssen. Stellt ein Grundeigentümer fest, dass eine alte Dienstbarkeit höchstwahrscheinlich gegenstandslos geworden ist, kann er ein Löschungsbegehren beim Grundbuchamt stellen. Er muss darlegen und mit Unterlagen belegen, warum der Eintrag keine aktuelle Bedeutung mehr hat (z.B. weil das Recht sein Objekt eindeutig nicht mehr betrifft). Hält das Grundbuchamt das Begehren für begründet, wird der Berechtigte angeschrieben: Er hat 30 Tage Zeit, Widerspruch einzulegen, ansonsten löscht das Amt den Eintrag. Erhebt der Berechtigte Einspruch, muss innerhalb von drei Monaten Klage erhoben werden – ansonsten bleibt die Dienstbarkeit bestehen. Dieses Verfahren nach Art. 976a ZGB erleichtert es, uralte oder irrtümliche Servitute zu bereinigen, wenn sich wahrscheinlich niemand mehr darauf berufen wird. Auch von Amtes wegen kann das Grundbuch in wenigen klaren Fällen Löschungen vornehmen, etwa wenn eine befristete Dienstbarkeit ersichtlich abgelaufen ist oder ein Grundstück durch Parzellierung so verändert wurde, dass die Dienstbarkeit es gar nicht mehr berührt.

Hinweis: Das Verfahren, um eine Dienstbarkeit zu löschen, kann komplex sein – gerade wenn kein Einverständnis besteht. Hier ist es ratsam, frühzeitig einen erfahrenen Anwalt für Immobilienrecht beizuziehen. Dieser kann Ihre Ausgangslage prüfen, Sie zu Erfolgsaussichten beraten und alle notwendigen Schritte einleiten, um Ihre Rechte zu wahren. Im Streitfall unterstützt Sie ein Anwalt für Immobilienrecht dabei, die Löschung gerichtsfest durchzusetzen und eine faire Lösung (etwa mit Entschädigung) zu erzielen.

FAQ – Häufige Fragen zum Thema Dienstbarkeit löschen

Kann ich eine Dienstbarkeit einfach löschen lassen, wenn sie mich stört?

Nein. Eine Dienstbarkeit bleibt bestehen, solange sie nicht durch einen gesetzlichen Tatbestand erloschen ist oder der Berechtigte freiwillig darauf verzichtet. Allein die Tatsache, dass sie für den belasteten Eigentümer lästig ist, reicht nicht für eine Löschung.

Was kostet es, eine Dienstbarkeit zu löschen?

Die Kosten hängen vom Verfahren ab. Bei einvernehmlicher Löschung fallen nur die Notariats- und Grundbuchgebühren an (oft einige hundert Franken). Bei einem Gerichtsverfahren können zusätzlich hohe Prozesskosten entstehen, die die unterlegene Partei tragen muss.

Verjähren Dienstbarkeiten irgendwann?

Nein. Dienstbarkeiten verjähren nicht und bleiben auch bei jahrzehntelanger Nichtnutzung bestehen, bis sie aktiv gelöscht werden.

Kann eine Dienstbarkeit auch ohne Zustimmung des Berechtigten gelöscht werden?

Ja, aber nur unter engen Voraussetzungen: Wenn sie objektiv zwecklos geworden ist oder das verbleibende Interesse im Verhältnis zur Belastung unverhältnismässig gering ist. In diesen Fällen kann ein Gericht die Löschung (mit oder ohne Entschädigung) anordnen.

Was passiert mit einer Dienstbarkeit, wenn der Berechtigte stirbt?

Personaldienstbarkeiten wie Wohnrechte oder Nutzniessungen enden spätestens mit dem Tod des Berechtigten. Danach kann der Eintrag im Grundbuch gelöscht werden. Bei einer Grunddienstbarkeit (z. B. Wegrecht) bleibt das Recht auch nach einem Eigentümerwechsel bestehen.

Kann eine Dienstbarkeit verlegt werden statt gelöscht?

Ja. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der belastete Eigentümer verlangen, dass die Ausübung an eine andere Stelle verlegt wird, wenn dies für den Berechtigten zumutbar ist und gleichwertigen Nutzen bietet.